Guten Gewissens Rendite machen, indem man Geld in sogenannte “Green Bonds” steckt. Davon träumen viele Anleger. Doch das ist garnicht so einfach. Denn genau dieses Wunschdenken lässt auch viele windige Geschäftemacher von neuen profitablen Betrugsmaschen träumen. Da werden dann fette Renditen mit Solar-Beteiligungen oder Biogas-Darlehen versprochen, und Atomkraft wird einfach für “grün” erklärt.
Anleger und Anlageverkäufer sind sich einig. Das Geschäftsmodell mit diesen nachhaltigen Investmentfonds ist ein Hit – ein bisschen so wie bei einer David Copperfield-Show. Der berühmte Magier aus Las Vegas hat bekanntlich mit Zaubertricks und Nebelkerzen ein 800 Millionen-Dollar-Imperium aufbauen können. Das sollte mit “Green Bonds” auch drin sein. Die sind von der EU abgesegnet und spielen dann mit dem Öko-Gewissen der Anleger und deren Gier.
Green Bonds boomen in Europa
Grüne Geldanlagen boomen in Europa; vor allem in Deutschland. Allein aus Deutschland sind in den vergangenen Jahren mehr als 130 Milliarden Euro in selbsternannte grüne Investments geflossen: Laut einem Bericht des Fachverbandes „Forum nachhaltiger Geldanlagen“ haben Privatanleger in Deutschland ihre klimafreundlichen Investitionen in 2021 verdreifacht.
Auch die stellvertretende Geschäftsführerin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz – Jella Benner-Heinacher – bemerkt das steigende Interesse an grünen Investments. Sie rät jedoch zur Vorsicht. Zitat: „Es gibt leider noch keine wirklich präzisen Mindeststandards. Und es gibt auch noch kein richtiges Label, wo draufsteht: Es ist nachhaltig und grün. Deshalb wird vieles als grün verkauft, was eigentlich nur ein klassisches Investment darstellt.“ Zitat Ende.
Etikettenschwindel bei den Green Bonds
Und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Die Nichtregierungs-Organisation “Finanzwende” hat bei einer Untersuchung nachhaltiger Fonds festgestellt, dass sich deren Zusammensetzungen kaum von konventionellen Fonds unterscheiden. Sogar Öl-Multis mit schlechter Umweltbilanz und ganz normale Online-Einzelhändler mit fragwürdigen Arbeitsbedingungen befanden sich in den als nachhaltig deklarierten Fonds.
Das ist Etikettenschwindel. Kennen wir das nicht von irgendwo her? Ach ja! In der Finanzkrise von 2008 wurde bekannt, dass Rating-Agenturen einen entscheidenden Beitrag zum Kollaps des Finanzwesens leisteten, indem sie Immobilien-Krediten einfach falsche Top-Ratings verpassten. Diese “magische” Transformierung von Krediten mit F-Rating in Anlageprodukte mit A-Rating wurde dann bewusst von den Banken gedeckelt.
Um das Kind mal beim Namen zu nennen: Das war nichts anderes als mittelalterliche Alchemie. Genauso läuft das auch bei grünen Investments. Herr und Frau Anleger möchten nicht mehr in Kohle oder Waffen investieren? Kein Problem! Wir haben da einen tollen Fond für Sie mit 10 Prozent Atomkraft.
Zaubertricks und Nebelkerzen
Warum funktioniert diese offensichtliche Augenwischerei so gut? Weil die Taxonomie bei grünen Investments innerhalb der EU noch nicht eindeutig ist. Genau hier will die EU-Kommission nun aber mit einer Reihe von Verordnungen Licht ins Dunkel bringen. Unter dem Kürzel „Mifid II“ trifft man sich in Brüssel bereits seit 2018 regelmäßig, um neue Richtlinien in Kraft zu setzen, die den Wertpapierverkauf transparenter und nachhaltiger machen sollen. Heute nun tritt ein weiterer Teil dieses Reformprogramms in Kraft: Ab sofort müssen Finanzberater ihre Anleger explizit fragen, ob sie ihr Geld nachhaltig investieren wollen. Doch auch hier lauern Fallstricke, glaubt Anlagestratege Christian Kahler von der privaten Vermögensverwaltung Kahler und Kurz Capital: „Wir kennen diese Prozesse: Da werden 20 bis 30 Seiten mit Kleingedrucktem ausgehändigt. Am Ende muss aber immer der Kunde unterschreiben. Und da besteht dann die Gefahr, dass doch nicht alles so genau nachgelesen wird.“ Zitat Ende.
Verbraucherschützer raten deshalb nach wie vor davon ab, in grüne Fonds zu investieren – sogar wenn diese ein EU-Siegel für Nachhaltigkeit vorweisen können. Denn die momentan vergebenen EU-Siegel erkennen auch Investitionen in Gas und Atomkraft als klimafreundlich an.
Gas ist ein nicht erneuerbarer fossiler Brennstoff, bei dessen Verbrennung CO2 freigesetzt wird. Brennstäbe für Atomkraftwerke sind ebenfalls nicht erneuerbar. Zwar ist Atomkraft nicht fossiler Natur und es setzt auch kein CO2 frei. Aber dafür lassen uns die verbrauchten Brennstäbe ein paar Jahrhunderte lang an einem heftigen radioaktiven Problem knabbern. Obwohl bereits seit langem neue technische Verfahren zur Endlagerung erprobt werden, ist die Entsorgung für hochradioaktive Abfälle nach wie vor ungelöst.
Gas und Atomkraft als grün einzustufen ist eigentlich ganz lustig, wenn es nicht so traurig wäre. Der ganze Budenzauber um die “Green Bonds” verfolgt ohnehin kein Klima verbesserndes Ziel. Da geht nur um die Refinanzierung der Corona-Maßnahmen. Mit den Green Bonds wird nämlich rund ein Drittel des Corona-Wiederaufbaus in der EU finanziert. Konkret sind das 250 Milliarden Euro.
David Copperfield lässt grüßen
Im kommenden Monat will die EU mit der Ausgabe der Green Bonds beginnen. Glaubt man dem österreichischen EU-Kommissar Johannes Hahn, wird das dafür entwickelte EU-Regelwerk Investitionen und Innovationen fördern, welche dann die strategische Unabhängigkeit von Europas Wirtschaft voranbringen. Das europäische Green-Bonds-Regelwerk wurde angeblich gemäß den Regeln der “International Capital Market Association für grüne Anleihen” entwickelt und von einer Ratingagentur geprüft. Insgesamt wendet die EU rund 800 Milliarden Euro auf für den wirtschaftlichen Wiederaufbau nach der Pandemie. Das ist zehnmal soviel wie der Wert von David Copperfields Zaubertrick-Imperium.
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